Wilhelm II. war von 1888 bis 1918 Kaiser des Deutschen Reiches und König von Preußen. Seine Regierungszeit war vor allem gekennzeichnet von einer aggressiven Außenpolitik, die Deutschland einen “Platz an der Sonne” sichern sollte. Nachdem er Otto von Bismarck im Jahr 1890 als Reichskanzler entlassen hatte, drängte er auf den Erwerb von Kolonien, setzte Flottengesetze durch und ging damit jeden Konflikt mit europäischen Großmächten ein. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg 1918 ging er schließlich ins niederländische Exil, nachdem Reichskanzler Max von Baden ohne Zustimmung seine Abdankung verkündet hatte.
Herkunft und Jugend
Wilhelm II. wurde 1859 als Friedrich Wilhelm Viktor Albert in Berlin geboren. Er entstammte der Königsfamilie der Hohenzollern. Nachdem er sein Abitur am Friedrichsgymnasium in Kassel absolviert hatte, trat er 1877 in den Militärdienst ein. Drei Jahre später erfolgte seine Beförderung zum Hauptmann. 1881 heiratete er die Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein, mit der er sieben Kinder zeugte. In den Folgejahren war Wilhelm in verschiedenen militärischen Regimentern tätig. Mehrmals wurde er kurzzeitig vom Militärdienst beurlaubt, um mit der zivilen Staatsverwaltung vertraut gemacht zu werden. Als Sohn eines Hohenzollern war er nämlich dazu bestimmt, das Erbe als Kaiser im Deutschen Reich anzutreten.1
Entlassung Bismarcks
1888 kam es im Deutschen Reich zum sogenannten Dreikaiserjahr. Nachdem Wilhelm I. gestorben war, regierte sein Sohn Friedrich III. aufgrund einer schweren Krankheit nur 99 Tage. Daraufhin wurde schließlich Wilhelm II. am 15. Juni 1888 zum neuen Kaiser gekrönt. Mit seinem Amtsantritt änderten sich die politischen Verhältnisse in der Reichsregierung. Bislang hatte Otto von Bismarck als Reichskanzler aufgrund seines hohen Ansehens starken politischen Einfluss ausgeübt. Kaiser Wilhelm I. ließ sich stets von Bismarck lenken. In der Reichsverfassung war jedoch festgeschrieben, dass der Kaiser den Reichskanzler ernennen und entlassen dürfe. Von diesem Recht machte Wilhelm II. im Jahr 1890 Gebrauch. Er wollte die Regierungsgeschäfte in eigener Regie führen und strebte im Gegensatz zu Bismarck Sozialreformen an. Mit der Aufhebung des Sozialistengesetzes versuchte Wilhelm, Sympathien bei den Sozialdemokraten zu erwerben und sie gleichzeitig vom politischen Einfluss fernhalten zu können. Dennoch lehnte Wilhelm II. demokratische Reformen der Verfassung strikt ab. Seine Regierungszeit hatte einen autoritären, militanten und konservativen Charakter.2
Außenpolitik
Während Bismarck seit der Reichsgründung 1871 eine defensive Außenpolitik betrieben und ein absicherndes Bündnissystem installiert hatte, ging Wilhelm II. seit 1890 jeden Konflikt mit anderen Großmächten ein. Noch im selben Jahr verzichtete er darauf, den Rückversicherungsvertrag mit Russland aufrechtzuerhalten. Wilhelm II. wollte das Deutsche Reich als Weltmacht etablieren und einen “Platz an der Sonne” sichern. Neben dem Ausbau der Flotte setzte eine verstärkte deutsche Kolonialpolitik in Afrika ein, die Großbritannien und Frankreich provozierten. Da sich Wilhelm II. in der Balkankrise auf die Seite Österreich-Ungarns stellte, stieß es auch bei Russland auf ablehnende Haltung. Damit wurde das Deutsche Reich durch das Bündnis Frankreichs, Großbritanniens und Russlands in der Triple Entente 1907 eingekreist. Genau dieses Szenario hatte Bismarck immer verhindern wollen. Diese internationalen Konflikte führten 1914 zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs.3
Erster Weltkrieg
Im Sommer 1914 wurde Österreichs Thronfolger Franz Ferdinand durch einen serbischen Attentäter in Sarajewo ermordet. Da Russland den Panslawismus und damit die serbischen Freiheitskämpfer unterstützte und sich Deutschland auf die Seite Österreichs stellte, kam es zu einer Kettenreaktion von Kriegserklärungen. Mit seiner Burgfriedenrede warb Wilhelm II. im deutschen Volk – unabhängig der gesellschaftlichen und politischen Unterschiede – um Zustimmung zum Krieg. Die Kriegspolitik überließ er der Obersten Heeresleitung unter Führung Hindenburgs und Ludendorffs. Diese regierten das Deutsche Reich ab 1916 de facto als Militärdiktatur. Wilhelms politischer Niedergang ging mit Deutschlands Kriegsniederlage im Herbst 1918 einher. Nach dem Ausbruch der Novemberrevolution wurde das Kaiserreich gestürzt. Ohne Zustimmung verkündete Reichskanzler Max von Baden seine Abdankung als Kaiser. Am 9. November 1918 riefen Philipp Scheidemann und Karl Liebknecht die Republik aus. Einen Tag später emigrierte Wilhelm in die Niederlande und zog sich auf dem Schloss Doorn in der Provinz Utrecht zurück. Dort starb er am 4. Juni 1941.4