Staatstheorien

Seit der Antike beschäftigten sich gelehrte Philosophen mit der Frage, wie das Verhältnis zwischen Herrschern und Beherrschten gestaltet werden sollte. Politik wurde über die Jahrhunderte hinweg stets unterschiedlich definiert und durchlief einen langwierigen Prozess, der im 19./20. Jahrhundert zur Ausbildung des modernen europäischen Staatensystems führte. Folgende Personen sind zu den bedeutendsten Staatstheoretikern zu zählen:

Antike

Zu den bekanntesten Staatstheoretikern der Antike gehören Platon und Aristoteles. Beide fühlten sich durch die Erfahrungen der Athenischen Demokratie dazu veranlasst, neue Ideen für eine gute politische Ordnung zu entwickeln. Platon lehrte in der Politeia sein Modell des Idealstaates, in dem jedem Individuum entsprechend seiner besten Fähigkeit ein geeigneter Platz zugeordnet wurde. Er teilte den Staat – wie die menschliche Seele – in die Kategorien Herrscherstand, Wehrstand und Nährstand auf. Platons Schüler Aristoteles ging hingegen praktischer vor. In seinem Werk Politik untersuchte er knapp 150 gegenwärtige Verfassungen in Griechenland und fasste diese zu sechs Grundtypen zusammen. Er kam letztlich zu dem Entschluss, dass die bestmögliche Ordnung die Politie – eine Mischform aus Oligarchie und Demokratie – sei.

Mittelalter

Die Staatsphilosophie im Mittelalter stand ganz im Zeichen des Christentums. Die Religion wurde als universaler Ursprung angesehen und war daher fest in der Politik verankert. Augustinus von Hippo gehört zu den Begründern dieser Theorie. In seinem Werk Vom Gottesstaat lehrte er, dass sich die Menschen in einer Übergangsphase zwischen dem Sündenfall und dem Jüngsten Gericht befänden. Damit diese zum Seelenheil und der Erlösung von der Sünde geführt werden, müsste politisches Handeln christlich gestaltet sein. Augustinus’ theologische Schrift rechtfertigte den Gottesstaat, der im gesamten Mittelalter zum unumstrittenen politischen Träger wurde.

Frühe Neuzeit

Um das Jahr 1500 setzte die Frühe Neuzeit ein. Damit änderte sich auch die Staatsphilosophie, die sich schrittweise vom religiösen Einfluss zu lösen begann. Den ersten Schritt dahin machte der Florentiner Niccolò Machiavelli, der Politik von moralischen Grundsätzen – wie eben das Christentum – trennte. Mit seiner Schrift “Der Fürst” setzte er den Machterhalt eines Herrschers in den Mittelpunkt. Er sprach diesem jedes beliebige Mittel zu, um seine Macht gegenüber den Untertanen absichern zu können. Dies hatte angesichts der Erfahrungen aus dem konfessionellen Zeitalter und dem Dreißigjährigen Krieg eine anziehende Wirkung und ließ Politik zunehmend zu einer eigenen Wissenschaft werden.

Zeitalter der Aufklärung

Das Zeitalter der Aufklärung (ca. 1650-1800) brachte neue Ansätze politischer Theorien hervor. Die “von Gott gegebene” Ordnung wurde von den Philosophen jener Zeit durch ein Naturrecht ersetzt. Thomas Hobbes sprach von der Notwendigkeit eines starken Souveräns (Leviathan), der für den Schutz seiner Untertanen sorgen solle. John Locke stellte das Recht auf Eigentum in den Mittelpunkt und betrachtete den Staat als Garant für individuelle Freiheits- und Grundrechte. Montesquieus Staatstheorie beinhaltete die Aufteilung der Regierung in drei unabhängige Organe, damit Machtmissbrauch verhindern werden könne. Jean-Jacques Rousseau beschäftigte sich mit der Funktion der Gesellschaft und erhob diese zum obersten Souverän der staatlichen Gewalt (Volkssouveränität).

Bild 1: Thomas Hobbes (“Leviathan”), Autor: Wenceslas Hollar oder Abraham Bosse (1651), Lizenz: Gemeinfrei

Bild 2: John Locke, Gemälde von Gottfried Kneller (1697), Lizenz: Gemeinfrei

Bild 3: Montesquieu, Gemälde von James Anthony Dassier (Datum: unbekannt), Lizenz: Gemeinfrei

Bild 4: Jean-Jacques Rousseau, Gemälde von Maurice Quentin de La Tour (Datum: unbekannt), Lizenz: Gemeinfrei

 

Fabio Schwabe

Der Autor

Dieser Beitrag wurde am 17.01.2018 verfasst von Fabio Schwabe, Mettmann. Die aktuelle Version stammt vom 20.02.2021. Fabio Schwabe ist Gymnasiallehrer der Fachrichtung Geschichte und Gründer von Geschichte kompakt

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