Der Vertrag von Rapallo 1922 normalisierte die Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und Sowjetrussland. Beide Vertragspartner, die im Ersten Weltkrieg noch gegeneinander gekämpft hatten und als Kriegsverlierer galten, wollten damit ihre internationale Isolation durchbrechen. Anschließend nahmen sie die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen wieder auf. Dies war ein erster Schritt der jungen Weimarer Republik, internationale Anerkennung zu erlangen.
Vorgeschichte
Sowohl das Deutsche Reich als auch Sowjetrussland galten als Verlierer des Ersten Weltkrieges. Russland schied 1917 aus dem Krieg aus und erlebte mit der Russischen Revolution einen politischen Umbruch. Das Deutsche Reich kapitulierte im Herbst 1918 und musste im Versailler Vertrag harten Friedensbedingungen zustimmen. Damit waren beide Länder von der internationalen Politik der Westmächte zunächst isoliert.1
Vertrag von Rapallo
Am 16. April 1922 schlossen Deutschland und Sowjetrussland auf einer Finanz- und Wirtschaftskonferenz in Genua den Vertrag von Rapallo. Er wurde von Außenminister Walther Rathenau und Georgi Tschitscherin unterzeichnet. Neben diplomatischen Beziehungen beabsichtigten beide Vertragspartner auch wirtschaftliche Vorteile. Sowjetrussland war aufgrund die bolschewistische Revolution von den Westmächten isoliert worden, während dem Deutschen Reich die alleinige Schuld am Ausbruch des Weltkrieges zugeschoben wurde. Sie verzichteten auf gegenseitige Reparationen und verstärkten ihre Handelsbeziehungen, weil die Westmächte deutsche Produkte boykottierten. Das Deutsche Reich unterstütze Sowjetrussland beim Transport und Aufbau von Industrieanlagen für die Ölproduktion, um sich aus der Abhängigkeit vom amerikanischen und britischen Markt zu lösen [Quelle]. Durch diesen Vertrag erhielt Sowjetrussland erstmals völkerrechtliche Anerkennung.2
Folgen
Der Vertrag von Rapallo war vielerorts umstritten. Nationalistische und rechtsextreme Gruppierungen verurteilten die Vereinbarungen mit Sowjetrussland, weil sie gegenüber deren kommunistischen Ideologie abgeneigt waren. Rathenau fiel daher kurze Zeit später einem Attentat zum Opfer. Auch die Westmächte standen dem Vertrag mit Misstrauen gegenüber. Sie fürchteten, dass sich das Deutsche Reich aus der Abhängigkeit vom Westen lösen werde und eine erneute Aufteilung Polens plane. Der Vertrag von Rapallo war dennoch ein erster Schritt der deutschen Außenpolitik, die internationale Isolation der Nachkriegszeit zu durchbrechen und wieder an diplomatischer Anerkennung zu gewinnen. Mit den Verträgen von Locarno näherte sich Deutschland auch den Westmächten an und wurde 1926 in den Völkerbund aufgenommen.3
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