Die Verträge von Locarno beendeten die außenpolitische Isolation Deutschlands in Europa. Darin wurde die im Versailler Vertrag bestimmte Westgrenze zwischen Deutschland, Frankreich und Belgien als unverletzlich anerkannt. Gleichwohl versicherten Großbritannien und Italien militärische Unterstützung, wenn diese Grenze überschritten werden würde. Nach Inkrafttretens der Locarno-Verträge wurde Deutschland 1926 in den Völkerbund aufgenommen.
Vorgeschichte
Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg und der Unterzeichnung des Versailler Vertrags 1919 war die Weimarer Republik außenpolitisch isoliert worden. Aufgrund der hohen Reparationszahlungen und einer anschließenden Inflation besetzten französische Truppen 1923 das Ruhrgebiet [Ruhrbesetzung]. Um die zwischenstaatlichen Beziehungen wieder normalisieren zu können, setzte Außenminister Gustav Stresemann auf einen friedlichen Ausgleich in Europa. Er wollte Deutschland in Europas Staatenwelt integrieren. Nachdem sich die deutsche Wirtschaft durch den Dawes-Plan 1924 wieder erholen konnte, sollte eine Konferenz im schweizerischen Locarno die europäische Politik auf eine neue Grundlage stellen.1
Verträge von Locarno
Vom 5. bis 16. Oktober 1925 trafen sich in Locarno Delegierte Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Polens und der Tschechoslowakei. Auf deutscher Seite nahmen Außenminister Stresemann und Reichskanzler Hans Luther an den Verhandlungen teil. In den Verträgen garantierten sich Deutschland, Frankreich und Belgien die Unverletzlichkeit der 1919 gezogenen Westgrenze. Im Falle eines Angriffs sicherten Großbritannien und Italien ihre militärische Unterstützung zu. Des Weiteren einigte sich Deutschland gemeinsam mit Polen und der Tschechoslowakei auf friedliche Dialoge bei Streitigkeiten. Im Unterschied zur Westgrenze erkannte Deutschland die Ostgrenze allerdings nicht an. Frankreich garantierte daher Polen und der Tschechoslowakei Unterstützung im Falle eines deutschen Angriffs. Dies erwies sich allerdings als aussichtslos, weil es Frankreich völkerrechtlich nicht erlaubt war, in Deutschland einzumarschieren. Die Verträge von Locarno wurden am 1. Dezember 1925 in London unterzeichnet und traten am 10. September 1926 in Kraft [Quelle].2
Folgen
Nach Inkrafttretens der Locarno-Verträge wurde Deutschland in den Völkerbund aufgenommen. Damit hatte Außenminister Stresemann sein Ziel, die internationale Isolation zu durchbrechen, erreicht [Weimarer Außenpolitik]. Deutschland verzichtete somit auf das Gebiet Elsass-Lothringen, während Frankreich die Entmilitarisierung des Rheinlandes akzeptierte. Die Westmächte reduzierten in der Folgezeit ihre strenge Überwachung der militärischen Abrüstung Deutschlands. Die Verträge von Locarno stehen daher symbolisch für die friedliche europäische Politik in den 1920er Jahren. Nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise und Stresemanns Tod 1929 fand diese Epoche allerdings ein Ende. Inflation, Massenarbeitslosigkeit und politischer Terror begünstigten den Aufstieg der NSDAP und führten das Ende der Weimarer Republik herbei.3
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