Geschichte ist lebendig! Mit diesem Motto könnte das fachdidaktische Prinzip “Gegenwartsorientierung” umschrieben werden. Um Schülerinnen und Schülern einen interaktiven Geschichtsunterricht zu ermöglichen, muss die Lehrkraft den historischen Gegenstand mit den Alltagserfahrungen der Lernenden in Einklang bringen.
Theoretischer Zugang
Das historische Lernen in der Schule soll Schülerinnen und Schüler zu einem reflektierten Geschichtsbewusstsein befähigen. Auf diese Weise erkennen die Lernenden zeitliche Unterschiede zwischen der Vergangenheit und ihrer Gegenwart. Vergleichen sie ihre Alltagserfahrungen mit historischen Ereignissen, entstehen individuelle Fragen an die Vergangenheit. Als hinreichende Grundlage dienen sogenannte Schlüsselprobleme oder exemplarische Beispiele aus der Gegenwart. Die Gegenwartsorientierung soll also das Interesse der Lernenden wecken und sie zu kritischen Fragen an die Geschichte motivieren, um Probleme verstehen und erklären sowie Lösungen für die Zukunft finden zu können.
Konsequenzen für den Unterricht
Um eine breite Schüleraktivität im Geschichtsunterricht ermöglichen zu können, sollte der Einstieg auf die Lebens- und Alltagserfahrungen der Lerngruppe abgestimmt sein. Diese erhält dadurch einen Zugang zum historischen Gegenstand und kann gegebenenfalls eigene Erfahrungen in das Unterrichtsgespräch einbringen. Eng verbunden mit der Gegenwartsorientierung ist die Problemorientierung. Beide Prinzipien sind für einen gelungenen Einstieg und die Formulierung einer historischen Leitfrage unerlässlich. In der Sicherungs- und Vertiefungsphase sollte die Lehrkraft auf die anfangs gestellte Leitfrage eingehen und die Lerngruppe zu einer aktiven Teilhabe an der Geschichtskultur und politischen Mündigkeit [Werteorientierung] befähigen.
Praxisbeispiel für den Unterricht
Als Praxisbeispiel für den Geschichtsunterricht kann die Ermordung Ludwig XVI. während der Französischen Revolution angeführt werden. Als Schlüsselproblem der Gegenwart eignet sich diesbezüglich das Thema “Menschenrechte” . Diese sind den Schülerinnen und Schülern in der Bundesrepublik in Form des Grundgesetzes bekannt und in ihrer Lebenswelt allgegenwärtig. Aus dieser Verbindung kann die Leitfrage “Die Ermordung Ludwigs XIV. – Mord im Namen der Menschenrechte?” formuliert werden. Auf diese Weise erhalten die Lernenden einen gegenwarts- und problemorientieren Zugang zum Thema und können letztlich ein begründetes Sach- und Werturteil fällen.