Schlesischer Weberaufstand

Der schlesische Weberaufstand ereignete sich vom 4. bis 6. Juni 1844. Weberaufstände waren zu dieser Zeit keine Neuheit. Durch die Frühindustrialisierung hatte sich die soziale Lage der Arbeiterschaft deutlich verschlechtert. Die Weber waren ihrem Verleger schutzlos ausgesetzt und wurden in ihrer Arbeitskraft mit niedrigen Löhnen ausgebeutet. Die Besonderheit am schlesischen Weberaufstand von 1844 liegt in der breiten Aufmerksamkeit, die er in Literatur und Öffentlichkeit auslöste. Daher lieferte dieses Ereignis einen wichtigen Beitrag zum Ausbruch der Revolution 1848/49.

Pauperismus im 19. Jahrhundert

Seit dem späten Mittelalter arbeiteten Handwerker eng mit ihren Verlegern zusammen. Diese waren für sie überlebensnotwendig, da sie entsprechende Rohstoffe und den Verkauf der verarbeiteten Produkte organisierten. Infolge des Bevölkerungswachstums seit dem 16. Jahrhundert lebten auf dem Land immer mehr Menschen, die wie die Weber keine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübten. Da es mehr Menschen als Aufträge gab, sank das Lohnniveau der Handwerker auf ein Minimum. Dies war unter anderem eine Folge der Kontinentalsperre, sodass wichtige Absatzmärkte verloren gingen. Auch die Frühindustrialisierung verschärfte die Situation der Handwerker, weil große Fabriken aufgrund ihrer technischen Möglichkeiten Billigprodukte anbieten konnten. Um dennoch einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen, beuteten die Verleger ihre Handwerker mit niedrigen Löhnen aus. Aufgrund der ärmlichen sozialen Situation der Weber sprach man vom Pauperismus. Daher ereigneten sich immer wieder Weberaufstände.1 Hier geht es zum Artikel über den Pauperismus.

Schlesischer Weberaufstand

In der Provinz Schlesien waren die Lebensverhältnisse der Weber besonders prekär. Schlesien wurde 1742 durch Preußen annektiert. Ein Großteil der Bevölkerung blieb trotz der Bauernbefreiung 1807 einem Grundherren unterworfen und war zu Abgaben verpflichtet. Preisverfall, Kinderarbeit, lange Arbeitszeiten und der Überschuss an Fachkräften brachten die Weber an ihr Existenzminimum. Armut und Hunger waren die Folge. In Peterswaldau verbündeten sich am 4. Juni 1844 zahlreiche Heimweber zu einem Protestmarsch. Sie wollten sich gegen die Lohnkürzungen ihrer Fabrikanten wehren. Nachdem Gespräche mit dem lokalen Landrat erfolglos blieben, plünderten und demolierten die Weber die Fabrik der Gebrüder Zwanziger. Anschließend griffen sie auch den Fabrikanten Dierig an. Einige gefangen genommene Fabrikanten sahen sich zu Geldzahlungen an die Weber gezwungen. Nach dem Einmarsch preußischer Militärs wurde der Aufstand am 6. Juni blutig niedergeschlagen.2

Folgen

Der schlesische Weberaufstand hatte zunächst keine großen Veränderungen bewirkt und war nur einer von vielen Arbeiterunruhen zu dieser Zeit. In der Literatur fand der Aufstand allerdings großen Anklang und wurde später mit politischen Ideen verbunden. Bekannte Gedichte wie Heinrichs Heine “Die schlesischen Weber” wurden publiziert. Gleichgesinnte Handwerker fühlten sich mit den schlesischen Webern verbunden, sodass sich eine immer stärker werdende politische Bewegung formierte. Die Probleme der sozialen Frage wurden nun in einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen. Der Weberaufstand hatte somit hinreichende Bedeutung für den Ausbruch und Verlauf der Revolution 1848/49, da die Arbeiterschaft – als Gegensatz zum liberalen und wohlhabenden Bürgertum – nun als selbstbewusste politische Gruppierung auftrat.3

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Bild 1: Borsig’s Maschinenbau-Anstalt zu Berlin, Gemälde von Eduard Karl Biermann (1847), Lizenz: Gemeinfrei

Bild 2: Die “schlesischen Weber”, Gemälde von Carl Wilhelm Hübner (1846), Lizenz: Gemeinfrei

 

Fabio Schwabe

Der Autor

Dieser Beitrag wurde am 20.05.2016 verfasst von Fabio Schwabe, Mettmann. Die aktuelle Version stammt vom 23.02.2021. Fabio Schwabe ist Gymnasiallehrer der Fachrichtung Geschichte und Gründer von Geschichte kompakt

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