Ein wesentliches Ziel der alliierten Besatzungsmächte war die Beseitigung des Nationalsozialismus in Deutschland. Dieses als “Entnazifizierung” bezeichnete Projekt sollte ehemalige NS-Verbrecher bestrafen und aus dem öffentlichen Dienst entfernen. Darüber hinaus wurden Gesellschaft, Bildung, Kultur, Presse, Politik und Wirtschaft von der nationalsozialistischen Ideologie gelöst.
Vorgeschichte
Auf der Potsdamer Konferenz 1945 einigten sich die Besatzungsmächte – im Rahmen der 5 Ds – auf eine Entnazifizierung. Der Alliierte Kontrollrat definierte in der Kontrollratsdirektive Nr. 24 Personengruppen, die vom öffentlichen Dienst und hochrangigen Ämtern in privaten Unternehmen ausgeschlossen werden sollten. Gleichzeitig begannen im November 1945 die Nürnberger Prozesse gegen ehemalige NS-Kriegsverbrecher.
Westliche Zonen
In der amerikanischen Zone wurden zunächst Fragebögen ausgeteilt, die das Strafmaß der Bürger ermitteln sollten. Anschließend erfolgte eine Kategorisierung der Personengruppen in Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer und Entlastete. Mit dem Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus wurde die Verantwortung der Entnazifizierung sogenannten “Spruchkammern” übertragen. Seit 1947 betrieben die USA in ihrer Besatzungszone eine Politik der Re-Education, die für eine demokratische Umerziehung sorgen sollte. In der britischen und französischen Zone fand die Entnazifizierung nur in begrenztem Umfang statt und konzentrierte sich auf die Ausschaltung hochrangiger NS-Kriegsverbrecher.
Sowjetische Zone
In der sowjetischen Besatzungszone diente die Entnazifizierung zugleich dem Aufbau kommunistischer Strukturen. Ehemalige NSDAP-Funktionäre wurden konsequent verfolgt und in Speziallager gebracht. Der sowjetische Geheimdienst NKWD ging darüber hinaus gegen politische Gegner vor, die aus dem Verkehr gezogen werden sollten. Den schlechten Haftbedingungen in den Speziallagern fielen zwischen 40.000 und 80.000 Menschen zum Opfer.
Folgen
Das Entnazifizierungsschlussgesetz beendete formal die Beseitigung des Nationalsozialismus. Der sich zuspitzende Ost/West-Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion hatte 1949 zur deutsch-deutschen Teilung geführt. Insofern rückte die Entnazifizierung in den Hintergrund. Vor allem in der BRD arbeiteten zahlreiche ehemalige NS-Verbrecher unter verdeckten Namen weiter, nachdem ihnen ein “Persilschein” ausgestellt worden war. Der Kalte Krieg überlagerte die Entnazifizierung und ließ eine sorgfältige Aufarbeitung der NS-Zeit in die Zukunft verlegen. Eine Vergangenheitsbewältigung gewann erst infolge der Studentenbewegungen der 1960er Jahre an Bedeutung.