Am Ende der 1980er Jahre neigte sich der Kalte Krieg allmählich dem Ende zu, weil die Sowjetunion durch Wettrüsten und hohe Kosten im Afghanistankrieg in finanzielle Not geraten war. Vor diesem Hintergrund hielt US-Präsident Ronald Reagan am 12. Juni 1987 eine historische Rede vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Darin forderte er den sowjetischen Regierungschef Gorbatschow auf, die Berliner Mauer “herunter zu reißen” und die Deutsche Frage zu lösen:
Herr Bundeskanzler Kohl, Herr Regierender Bürgermeister Diepgen, meine Damen und Herren. Vor 24 Jahren hat Präsident John F. Kennedy Berlin besucht und vor dem Rathaus zu den Menschen dieser Stadt und der ganzen Welt gesprochen. Seitdem sind zwei Präsidenten in ihrer jeweiligen Amtszeit nach Berlin gekommen. Ich selbst unternehme heute meinen zweiten Besuch in diese Stadt. Wir amerikanischen Präsidenten kommen nach Berlin, weil wir gerade an diesem Ort von der Freiheit sprechen sollten. […]
Präsident von Weizsäcker hat einmal gesagt: Die deutsche Frage ist so lange offen, wie das Brandenburger Tor zu ist. Heute sage ich: solange das Tor zu ist, solange wird diese Mauer als Wunde fortbestehen; es ist nicht die deutsche Frage allein, die offen bleibt, sondern die Frage der Freiheit für die gesamte Menschheit. Ich komme jedoch nicht hierher, um zu klagen. Denn ich erkenne in Berlin ein Signal der Hoffnung – im Schatten dieser Mauer sogar ein Signal des Triumphes. […] Sind dies die Anfänge tiefgreifender Veränderungen im Sowjetstaat? Oder sind es Scheingesten, die im Westen falsche Hoffnungen wecken oder das sowjetische System festigen sollen, ohne es zu verändern? Wir sind der Ansicht, daß Freiheit und Sicherheit zusammengehen – daß das Vorrücken der Menschenrechte die Sache des Friedens nur vorantreiben kann. Die Sowjets würden damit ein unmißverständliches Zeichen setzen, das die Sache von Freiheit und Frieden dramatisch vorantreiben würde.
Generalsekretär Gorbatschow, wenn Sie nach Frieden streben – wenn Sie Wohlstand für die Sowjetunion und für Osteuropa wünschen – wenn Sie die Liberalisierung wollen, dann kommen Sie hierher zu diesem Tor. Herr Gorbatschow, öffnen Sie dieses Tor. Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder. Ich weiß um die Angst vor einem Krieg und das Leid der Teilung, die diesen Kontinent heimsuchen – und ich verbürge mich für die Bemühungen meines Landes zur Überwindung dieser Bürde. Freilich bleibt es weiterhin notwendig, uns der sowjetischen Expansion zu widersetzen. Das heißt, wir im Westen müssen eine starke Verteidigung aufrechterhalten. Dennoch streben wir nach Frieden. Deshalb werden wir darum ringen, die Waffen auf beiden Seiten zu reduzieren. Vor zehn Jahren begannen die Sowjets, das westliche Bündnis mit einer neuerlichen schwerwiegenden Bedrohung herauszufordern: zahllose neue und gefährliche Nuklearraketen des Typs SS-20, die in der Lage sind, jede Hauptstadt in Europa zu treffen. Das westliche Bündnis reagierte, indem es sich für eine Gegenstationierung einsetzte, bis daß die Sowjets Verhandlungen über eine bessere Lösung zustimmten – besonders der Abschaffung solcher 4 Waffen auf beiden Seiten. Viele Monate lang haben sich die Sowjets geweigert, ernsthaft zu verhandeln. Als das Bündnis sich darauf vorbereitete, seine Gegenstationierung durchzuführen, gab es schwierige Augenblicke heftiger Proteste wie die anläßlich meines Besuches in dieser Stadt im Jahr 1982 – und später zogen sich die Sowjets vom Verhandlungstisch zurück. Aber das Bündnis stand fest zusammen. Und ich fordere diejenigen, die damals protestierten – und die heutigen Demonstranten – auf, sich diese Tatsache zu merken: Weil wir stark geblieben sind, besteht heute die Möglichkeit, nicht nur die Zunahme der Waffen einzuschränken, sondern zum ersten Mal eine gesamte Klasse nuklearer Waffen von der Erdoberfläche zu beseitigen.
Auszüge zitiert nach: Rede des US amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan vor dem Brandenburger Tor und seine Aufforderung, die Mauer niederzureißen, 12. Juni 1987. Deutsche Übersetzung vom Information Resource Center der US amerikanischen Botschaft in Berlin.