Am Ende des 8. Jahrhunderts rief der römische Papst Leo III. den karolingischen König Karl den Großen zur Hilfe, da sich eine adelige Opposition in Rom gegen ihn gebildet hatte. Als Dank für seine militärische Unterstützung ließ ihn der Papst am 25. Dezember 800 zum römisch-deutschen Kaiser krönen. Damit verband sich die Idee einer translatio imperii, die die Grundlagen für die spätere Herrschaftslegitimation im Heiligen Römischen Reich schuf. Karl der Große wurde damit zum ersten christlichen Kaiser des Mittelalters. Über die Kaiserkrönung überlieferten die Reichsannalen (796, 799, 800, 801) folgendermaßen:
796. Papst Adrian [Hadrian] starb und Leo schickte, sobald er an seine Stelle getreten war, Gesandte mit Geschenken an den König. Er ließ ihm auch die Schlüssel zum Grabe des heiligen Petrus und das Banner der Stadt Rom übergeben. […]
799. Die Römer nahmen dem Papst Leo am großen Bittgangstag gefangen, blendeten ihn und rissen ihm die Zunge aus. Ins Gefängnis geworfen, entkam er bei Nacht über die Mauer, begab sich zu den Gesandten des Königs, die sich damals in der Kirche des heiligen Petrus aufhielten, Abt Wirund und Herzog Winigis von Spoleto, und wurde nach Spoleto gebracht. […] Der König brach nach Sachsen auf, überschritt den Rhein bei Lippeham und machte bei Paderborn […] halt. Er […] empfing dort den Papst Leo mit großer Ehre und […] entließ […] den Papst mit gleicher Ehre, wie er empfangen worden war. Dieser brach sogleich nach Rom auf, und der König kehrte in seine Pfalz Aachen zurück.
800. Anfangs August kam er [Karl] nach Mainz und ordnete einen Heerzug nach Italien an, und nachdem er von hier aufgebrochen war, kam er nach Ravenna. […] Als er aber nach Rom kam, zog ihm der Papst Leo mit den Römern tags zuvor nach Mentana zwölf Meilen von der Stadt entgegen und empfing ihn mit höchster Demut und größten Ehren, und nachdem er mit ihm an dem genannten Orte gespeist hatte, zog er ihm sofort voraus in die Stadt. Und am folgenden Tage empfing er ihn stehend auf den Stufen der Kirche des seligen Apostels Petrus, nachdem er ihm die Fahnen der Stadt Rom entgegengeschickt hatte, auch an den betreffenden Stellen Scharen von Fremden und Bürgern hinbefohlen hatte und aufgestellt hatte, die dem Ankommenden Lob singen sollten, selbst mit den Geistlichen und den Bischöfen, als er vom Pferde abstieg und die Stufen emporschritt, und geleitete ihn nach einem Gebet unter dem Gesange aller in die Kirche des seligen Apostels Petrus. Das geschah am 24. November. Sieben Tage später berief der König eine Versammlung, legte die Gründe seines Kommens dar und bemühte sich dann täglich das auszuführen, weswegen er gekommen war. Das wichtigste und schwerste darunter war das, was er zuerst in Angriff nahm: Die Untersuchung über die dem Papst zur Last gelegten Verbrechen. Da jedoch niemand die Wahrheit dieser Beschuldigungen beweisen wollte, bestieg dieser vor allem Volk die Kanzel der Kirche des seligen Apostels Petrus und reinigte sich durch einen Eid unter Ausrufung der heiligen Dreifaltigkeit von den ihm zur Last gelegten Verbrechen. […]
801 [damit ist der 25.12.800 gemeint]. Als der König gerade am heiligen Weihnachtstag sich vom Gebet vor dem Grab des seligen Apostels Petrus zur Messe erhob, setzte ihm Papst Leo eine Krone aufs Haupt und das ganze Römervolk rief dazu: Carolo augusto a Deo coronato magno et pacifico imperatori Romanorum vita et victoria! Und nach den lobenden Zurufen wurde er vom Papst nach der Sitte der alten Kaiser durch Kniefall geehrt und fortan, unter Weglassung des Titels Patricius, Kaiser und Augustus genannt.
Zitiert nach: Reichsannalen 796, 799, 800, 801, übersetzt von R. Rau, in: W. Lautemann, M. Schlenke (Hg.): Geschichte in Quellen, Mittelalter, Band 2, München 1975, S. 69 f.