In der Zeit des Vormärz gruppierten sich deutsche Studenten und Professoren in sogenannten Burschenschaften und forderten Freiheitsrechte und einen geeinten Nationalstaat. Großes Aufsehen erlangte dabei das Hambacher Fest im Jahr 1832 als großes Massenereignis. Der Hauptorganisator Philipp Jakob Siebenpfeiffer hielt damals folgende Rede:
So weit von diesem erhabenen Punkte der Blick reicht, dehnt sich aus das herrliche Rheinthal, jener beneidete Garten, auf den die Natur alle Fülle des Segens ausgeschüttet; aber das deutsche Vaterland liegt verödet, […] Uhus herrschen als Adler, Büffel spielen die Löwen, und kriechendes Gewürm, Volk genannt, schleicht und windet sich auf der Erde, zahllos sich vervielfältigend und jenen Raubthieren zum üppigen Fraß dienend. […] Wir widmen unser Leben der Wissenschaft und der Kunst, wir messen die Sterne, prüfen Mond und Sonne, wir stellen Gott und Mensch, Höll’ und Himmel in poetischen Bildern dar, wir durchwühlen die Körper- und Geisterwelt: aber die Regungen der Vaterlandsliebe sind uns unbekannt, die Erforschung dessen, was dem Vaterlande Noth thut, ist Hochverrath, selbst der leise Wunsch, nur erst wieder ein Vaterland, eine freimenschliche Heimath zu erstreben, ist Verbrechen. Wir helfen Griechenland befreien vom türkischen Joche, wir trinken auf Polens Wiedererstehung, wir zürnen wenn der Despotism der Könige den Schwung der Völker in Spanien, in Italien, in Frankreich lähmt, wir blicken ängstlich nach der Reformbill Englands, wir preisen die Kraft und die Weisheit des Sultans, der sich mit der Wiedergeburt seiner Völker beschäftigt, wir beneiden den Nordamerikaner um sein glückliches Loos, das er sich muthvoll selbst erschaffen: aber knechtisch beugen wir den Nacken unter das Joch der eigenen Dränger; […] die Wiedergeburt Deutschlands gilt uns als ein nichtiger Traum […].
Und es wird kommen der Tag, der Tag des edelsten Siegstolzes, wo der Deutsche vom Alpengebirg und der Nordsee, vom Rhein, der Donau und Elbe den Bruder im Bruder umarmt, wo die Zollstöcke und die Schlagbäume, wo alle Hoheitszeichen der Trennung und Hemmung und Bedrückung verschwinden, samt den Constitutiönchen, die man etlichen mürrischen Kindern der großen Familie als Spielzeug verlieh; wo freie Straßen und freie Ströme den freien Umschwung aller Nationalkräfte und Säfte bezeugen; wo die Fürsten die bunten Hermeline feudalistischer Gottstatthalterschaft mit der männlichen Toga deutscher Nationalwürde vertauschen, und der Beamte, der Krieger, statt mit der Bedientenjacke des Herrn und Meisters, mit der Volksbinde sich schmückt; wo nicht 34 Städte und Städtlein, von 34 Höfen das Almosen empfangend, um den Preis hündischer Unterwerfung, sondern wo alle Städte, frei emporblühend aus eigenem Saft, um den Preis patriotischer Gesinnung, patriotischer That ringen; wo jeder Stamm, im Innern frei und selbstständig, zu bürgerlicher Freiheit sich entwickelt, und ein starkes, selbstgewobenes Bruderband alle umschließt zu politischer Einheit und Kraft […].
Ja, er wird kommen der Tag, wo ein gemeinsames deutsches Vaterland sich erhebt, das alle Söhne als Bürger begrüßt, und alle Bürger mit gleicher Liebe, mit gleichem Schutz umfaßt; wo die erhabene Germania dasteht, auf dem erzenen Piedestal der Freiheit und des Rechts, in der einen Hand die Fackel der Aufklärung, welche civilisirend hinausleuchtet in die fernsten Winkel der Erde, in der andern die Wage des Schiedsrichteramts, streitenden Völkern das selbsterbetene Gesetz des Friedens spendend, jenen Völkern, von welchen wir bis jetzt das Gesetz der Gewalt und den Fußtritt höhnender Verachtung empfangen. […] Es lebe das freie, das einige Deutschland! Hoch leben die Polen, der Deutschen Verbündete! Hoch leben die Franken, der Deutschen Brüder, die unsere Nationalität und Selbstständigkeit achten! Hoch lebe jedes Volk, das seine Ketten bricht und mit uns den Bund der Freiheit schwört! Vaterland – Volkshoheit – Völkerbund hoch!
Auszüge zitiert nach: Johann Georg August Wirth, Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach, Neustadt a.H. 1832, S. 31-41.