Nach dem Kieler Matrosenaufstand kam es im November 1918 in ganz Deutschland zu einem Umsturz, der sogenannten Novemberrevolution. Dieses revolutionäre Ereignis beendete die Ära des Kaiserreichs und schuf die Grundlage für die erste parlamentarische Demokratie auf deutschem Boden. Am 7. November 1918 berichtete eine Zeitung über die Geschehnisse in Hamburg:
Das gellende Signal von Kiel hat auch die Hamburger Arbeiter und Matrosen und Soldaten aufgerufen. Am Mittwoch morgen wurde auf den Werften und sehr vielen anderen Betrieben die Arbeit niedergelegt. Auf den im Hafen liegenden Kriegsfahrzeugen wurde die rote Flagge gehisst als Zeichen, dass auch hier die Matrosen dem Beispiel ihrer Kieler Kameraden gefolgt sind. Die Straßen zeigen ein verändertes Bild. Überall sag man bewaffnete Gruppen mit roten Schleifen geschmückter Matrosen und Soldaten. Jeder Offizier wurde verhaftet und nach Abnahme seiner Waffen einige Stunden im Gewerkschaftshaus festgehalten. Gegen 12 Uhr hatten sich in langen Zügen die Proletarier Hamburgs, durchsetzt mit großen Massen bewaffneter Matrosen und Soldaten, auf dem Heiliggeistfeld eingefunden insgesamt zirka 40 000 Mann. […]
Das Generalkommando hatte uns zum Heiligengeistefelde einen Hauptmann gesandt, der uns mitteilte, dass v. Falk bereit sei, eine Abordnung zu empfangen. […] Genosse Wolffheim bedeutete dem Offizier, dass wir jetzt Wichtigeres zu tun hätten, als mit von Falk zu verhandeln, dass er es aber schon bemerken würde, wenn die Demonstranten dort wären. Inzwischen war uns gemeldet, dass das Generalkommando sehr stark mit Maschinengewehren und Truppen besetzt sei. Um unnötiges Blutvergießen zu vermeiden, begaben sich die Genossen Düwell und Wolffheim 20 Minuten vor dem Eintreffen des Zuges in das Gebäude, um den General zu fragen, wie er sich gegenüber den Demonstranten zu verhalten gedenke. Zu unserer maßlosen Überraschung war der Falke ausgeflogen und niemand wusste, wohin er seinen – gar nicht stolzen – Flug genommen hatte! […] Dies war uns der Beweis, dass wir die Stadt in den Händen hatten. Was jetzt noch zu geschehen hatte, vollzog sich mit relativer Leichtigkeit. Die Bahnhöfe wurden besetzt, die Kasernen übernommen. Die Bezirkskommandos aufgehoben. Der gesamte Verkehr ging in die Hände des Soldatenrates über […].
Eine Vertretung des Arbeiter- und Soldatenrates begab sich am Mittwoch, abends 6 1/2 Uhr, ins Rathaus, um mit dem Senat über die folgenden Forderungen zu verhandeln: Abberufung des Generals Falk. Anerkennung des Soldatenrates durch das Generalkommando. Festsetzung der Zeit einer Verhandlung zwischen Generalkommando und Soldatenrat. Übergabe des öffentlichen Verkehrs an den Soldatenrat. Unterstellung der Lebensmittelversorgung unter die Kontrolle des Arbeiterrats. […] Der Soldatenrat übernahm die Verpflichtung, für Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit zu sorgen. Die Arbeiter und Soldaten haben die politische Macht in die Hand genommen, sie werden zeigen, dass sie reif sind, von dieser Macht den richtigen Gebrauch zu machen. Gegen den Mob und sonstige unlautere Elemente wird rücksichtslos eingeschritten werden.
Auszüge zitiert nach: G. A. Ritter, S. Miller, Die deutsche Revolution 1918-1919, Frankfurt 1968, S. 52 ff.