Auf dem Wiener Kongress wurde am 8. Juni 1815 der Deutsche Bund gegründet. Dieser sollte als lockerer Staatenbund für die innere und äußere Sicherheit in Europa sorgen. Gegen diese Entscheidung protestierte vor allem das liberale Bürgertum. Es forderte die Gründung eines deutschen Nationalstaates, Grundrechte und eine Verfassung.
Vorgeschichte
Seit 1792 kämpften europäische Großmächte gegen Napoleons Vorherrschaft in Europa [Koalitionskriege]. Infolge der Befreiungskriege wurden Napoleon und die französischen Truppen nach Frankreich zurückgedrängt. Der Erste Pariser Frieden sorgte für ein vorläufiges Kriegsende. Im September 1814 trafen sich Europas Fürsten auf dem Wiener Kongress. Dort einigten sie sich auf die Prinzipien der Restauration, Legitimität und Solidarität. Sie sollten Frieden und Gleichgewicht gewährleisten. Eine besondere Rolle spielte die Zukunft des deutschsprachigen Raums [Deutsche Frage]. Viele deutsche Bürger hatten in den Befreiungskriegen ein Nationalbewusstsein entwickelt. Die Fürsten lehnten einen deutschen Nationalstaat jedoch ab, um das friedliche Gleichgewicht zu bewahren.1
Struktur des Deutschen Bundes
Am 8. Juni 1815 unterzeichneten die Fürsten die Deutsche Bundesakte. Der neue Deutsche Bund bestand als lockerer Staatenbund zunächst aus 34 Staaten und vier freien Städten. Die Souveränität der Mitgliedsstaaten blieb erhalten. Es gab keine Zentralregierung, sondern lediglich den Bundestag in Frankfurt. Politische Entscheidungen wurden von den Großmächten Preußen und Österreich dominiert. Der Deutsche Bund sollte vor allem als Instrument der Restauration dienen und für die innere und äußere Sicherheit Europas sorgen. Für den Kriegsfall existierte ein Bundesheer aus verschiedenen Kontingenten der Mitgliedsstaaten.2
Verfassungsfrage
Ein permanenter Streitpunkt blieb die Verfassungsfrage. In Artikel 13 der Bundesakte war die Einführung von Verfassungen in allen Staaten angekündigt worden. Nur wenige Staaten – wie Baden, Württemberg und Bayern – kamen diesem Versprechen nach. Die liberalen Forderungen des Bürgertums wurden damit aber nur minimal erfüllt. Anstatt der geforderten Repräsentativsysteme nach französischem Vorbild bestanden oftmals die alten Ständevertretungen fort. Insofern entwickelte sich die Verfassungsfrage zum zentralen Konflikt im Deutschen Bund. Viele Bürger wollten die Staatsgewalt der Fürsten begrenzen und politische Entscheidungen selbst beeinflussen können.3
Vormärz und Revolution 1848/49
Für die deutschen Bürger blieben die Wünsche nach Einheit und Freiheit unerfüllt. Seit 1815 formierten sich Studenten in Burschenschaften, um ihre politischen Forderungen zu bekunden. Das Wartburgfest 1817 markiert den Beginn des deutschen Vormärz. Die aufkommenden nationalen und liberalen Bewegungen versuchten die Fürsten mit den Karlsbader Beschlüssen von 1819 zu unterdrücken. Es herrschten Bespitzelung, Verfolgung und Zensur. Für einen neuen Aufschwung sorgte die Julirevolution 1830 in Frankreich. Zwei Jahre später kamen auf dem Hambacher Fest knapp 30.000 Menschen zusammen. Die zunehmende Kritik an der Fürstenherrschaft mündete 1848 im Ausbruch der deutschen Revolution. Nach dem Scheitern der 48er Revolution wurde der Deutsche Bund wiederhergestellt.4
Wirtschaftliche Einheit
Bereits um 1780 setzte in England die Erste Industrielle Revolution ein. Der industrielle Fortschritt wurde im Deutschen Bund durch die zwischenstaatlichen Zollgrenzen gehemmt. Überall existierten andere Maße, Gewichte und Währungen. Auf Initiative Preußens wurde daher 1834 der Deutsche Zollverein gegründet. Er ermöglichte ein wirtschaftliches Zusammenwachsen der deutschen Staaten, da die Zölle nun wegfielen. Im Deutschen Bund begann um 1850 die Zweite Industrielle Revolution. Langfristig legte der Deutsche Zollverein die Grundlagen für die politische Einheit Deutschlands, die 1871 unter Führung Preußens verwirklicht werden sollte.
Dualismus Preußens und Österreichs
Nach der Reaktionsära wurde der Deutsche Bund in den 1860er Jahren vom Deutschen Dualismus geprägt. Die Großmächte Preußen und Österreich kämpften um die Vorherrschaft über Deutschland. Die militärische Entscheidung fiel im Deutschen Krieg 1866 zugunsten Preußens. Im Rahmen der sogenannten Einigungskriege beanspruchte Preußen nun die deutsche Nationalstaatsgründung für eigene Machtzwecke. Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes 1866 wurde der Deutsche Bund in seiner bisherigen Form aufgelöst. Nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg erfolgte am 18. Januar 1871 – unter Führung Preußens – die deutsche Reichsgründung.5
- 1. https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/geschichte/wiener-kongress-112.html ↩
- 2. http://www.bpb.de/izpb/9870/europa-unter-modernisierungsdruck?p=all ↩
- 3. https://www.geschichte-abitur.de/quellenmaterial/quellen-restauration-vormaerz/gruendungsurkunde-des-deutschen-bundes ↩
- 4. https://www.zeit.de/1998/05/revolutio.txt.19980122.xml ↩
- 5. https://www.welt.de/geschichte/article178659030/Koeniggraetz-1866-So-entschied-Preussen-den-Machtkampf-mit-Oesterreich.html ↩