Von Aderlass bis Pestmaske: Kuriose Heilmethoden und medizinische Irrtümer während der Pestzeit

Die Pest, oft als „Schwarzer Tod“ bezeichnet, gilt als eine der verheerendsten Pandemien der europäischen Geschichte. Zwischen 1347 und 1351 raffte sie schätzungsweise ein Drittel der Bevölkerung dahin, bevor sie in Wellen immer wiederkehrte und Angst und Schrecken verbreitete. Damals entstanden zahlreiche Theorien und Heilmethoden, die aus heutiger Sicht zumindest fragwürdig erscheinen. Dennoch boten diese Maßnahmen den Menschen im Mittelalter wenigstens einen Hauch von Hoffnung, wenn auch oft auf tönernen Füßen.

Zwischen Aberglaube und verzweifelter Suche nach Antworten

Die medizinischen Kenntnisse der Zeit waren geprägt von einer Mischung aus theologischen Lehren, klassischer Humoralpathologie und volkstümlichem Aberglauben. Ärzte waren selten und häufig von der Lehre Galens beeinflusst, die von einem Gleichgewicht der vier Körpersäfte (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle) ausging. Auch die Kirche spielte eine große Rolle und interpretierte Krankheiten gern als göttliche Prüfung oder Strafe. In dieser verworrenen Gemengelage versuchte man mit vielfältigen – teils skurrilen – Methoden, die Pest zu bekämpfen. Für Lernende, die sich auf das Abitur in Geschichte vorbereiten oder generell ein tieferes Verständnis historischer Entwicklungen anstreben, bietet die Analyse dieser Heilpraktiken einen wichtigen Einblick in das Denken und Handeln mittelalterlicher Gesellschaften.

Kuriose Heilmethoden und medizinische Irrtümer

Die Vorstellung, Krankheit könne durch das Abfließen „verdorbenen“ Blutes geheilt werden, zog sich wie ein roter Faden durch das gesamte Mittelalter. Beim Aderlass öffnete man eine Vene, um dem Patienten Blut abzuzapfen. Man hoffte, damit die schädlichen Stoffe aus dem Körper zu entfernen. Diese Praxis wurde nahezu inflationär angewandt und war nicht selten gefährlicher als die eigentliche Krankheit.

  • Mangelnde Hygiene: Unter primitiven Bedingungen führte der Aderlass häufig zu Infektionen.
  • Geschwächter Organismus: Gerade Pestkranke benötigten eigentlich jede Kraftreserve – doch der Blutentzug schwächte sie zusätzlich.

 

Mystische Rituale und Heilkräuter

Die Suche nach einer passenden Heilung war auch von starkem Aberglauben geprägt. Heiligenprozessionen oder Bittgebete sollten göttliche Gnade herbeiführen, denn häufig wurde die Pest als Strafe für Sünden interpretiert. Gleichzeitig gab es eine Fülle von angeblichen Hausmitteln und Rezepturen:

  • Räucherungen: Trockene Kräuter, Weihrauch oder Myrrhe wurden verbrannt, um „schlechte Luft“ zu vertreiben.
  • Tinkturen mit Knoblauch, Zwiebel und Essig: Man erhoffte sich eine antiseptische Wirkung, die jedoch nicht im notwendigen Maße gegeben war.
  • Heil- und Zaubersprüche: Magische Formeln sollten die bösen Geister vertreiben.

 

Auch wenn bestimmte Inhaltsstoffe tatsächlich antimikrobiell wirken, war das Gros der Anwendungen eher symbolisch und wissenschaftlich nicht fundiert. 

Die Pestmaske: Schutz oder Humbug?

Das ikonische Bild des Pestdoktors mit dem schnabelartigen Maskenaufsatz hat sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Der „Schnabel“ war mit aromatischen Stoffen, Kräutern oder Essenzen gefüllt. Diese sollten nach damaliger Auffassung die verpestete Luft reinigen, bevor sie in die Atemwege gelangte. Auch der lange Umhang aus Wachstuch gehörte zum Outfit und sollte vor den giftigen „Miasmen“ schützen.
Rückblickend mag man darüber schmunzeln, doch einige Aspekte dieser Masken waren nicht völlig nutzlos: Sie verringerten zumindest den direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten Infizierter und konnten so das Risiko einer Ansteckung etwas reduzieren. Dennoch beruhte auch diese Maßnahme auf der fehlerhaften Vorstellung, dass faulige Luft der eigentliche Überträger der Pest sei.

Wie Textilien den Kampf beeinflussten

Gerade in Zeiten hoch ansteckender Krankheiten spielte Hygiene eine entscheidende Rolle – auch wenn man deren Bedeutung damals nur ansatzweise verstand. Pestdoktoren und Pflegehelfer versuchten zumindest, den direkten Kontakt zu infektiösem Material zu vermindern. Textilien wie Kleidung und Bettlaken konnten den Erreger weitertragen, weshalb man versucht war, sie weitgehend getrennt aufzubewahren. Hier kam zum Beispiel ein stabiler Wäschesack zum Einsatz, um kontaminierte Textilien von anderen Gegenständen fernzuhalten.
Zwar erkannte man den bakteriellen Übertragungsweg noch nicht, doch zumindest isolierte man Wäsche in speziellen Behältnissen – ein erster Schritt zu verbesserten Hygienemaßnahmen.

Quarantäne und Isolation: Ein echtes Mittel gegen die Pest

Während die Mehrzahl der Heilmethoden als mittelalterlicher Irrglaube gelten kann, zeigte sich Quarantäne bereits als wirksam. Venedig führte zum Beispiel im 14. Jahrhundert eine Quarantänepflicht von 40 Tagen (italienisch: „quaranta giorni“) für ankommende Schiffe ein. Auch in anderen Städten sperrte man ganze Viertel oder Häuser ab, sobald Fälle auftraten. So schaffte man es zumindest, die Ausbreitung zeitweise zu verlangsamen.

  • Lange Quarantänezeiten: 40 Tage, teils sogar mehr, um sicherzustellen, dass keine Infizierten in die Stadt gelangten.
  • Kontrollpunkte: Stadttore wurden nur noch sehr streng und kontrolliert geöffnet.

 

Obwohl Quarantäne häufig viel Leid verursachte und für Betroffene eine enorme Belastung war, erwies sie sich im Nachhinein als eines der wenigen halbwegs effektiven Mittel, um die Pest einzudämmen.

Ein Blick hinter den Horizont: Was man daraus lernen kann

Trotz des wissenschaftlichen Fortschritts lebt man auch heute nicht in einer vollkommen fehlerfreien medizinischen Welt. Zwar wurden große Seuchen wie die Pest in vielen Regionen erfolgreich eingedämmt, doch bleiben neue Viren und Bakterien eine Herausforderung für unsere globale Gesellschaft. Der Kampf gegen Epidemien hat sich professionalisiert, man stützt sich auf evidenzbasierte Methoden, Impfungen und umfassende Hygienestandards.

Gleichzeitig zeigt ein Blick ins Mittelalter, welche gravierenden Folgen Unwissenheit, Aberglaube und mangelhafte Hygiene haben können. Dank historischer Quellen wird deutlich, dass ein offener Austausch zwischen Forschenden und eine solide Aufklärung der Bevölkerung entscheidende Faktoren sind, um Pandemien im Zaum zu halten. Man hat gelernt, Maßnahmen wie Quarantäne und konsequente Hygiene zielgerichtet einzusetzen.

Dennoch kehren moderne Gesellschaften gelegentlich zu alternativen Konzepten zurück, die an esoterische Praktiken erinnern. Wer sich aber intensiv mit den medizinischen Irrtümern zur Zeit der Pest beschäftigt, kann daraus eine wichtige Lektion ziehen: Ohne glaubwürdige Forschung und das Bestreben, Wissenslücken kritisch zu hinterfragen, bleibt Gesundheit stets gefährdet.

Betrachtet man die skurrilen Methoden vergangener Jahrhunderte im Licht aktueller Entwicklungen, zeigt sich: Medizin und Gesellschaft sollten konstant bestrebt sein, neue Erkenntnisse sorgfältig zu prüfen und dabei kritisch zu bleiben. Auf diese Weise lässt sich verhindern, dass alte Irrtümer in neuem Gewand Einzug halten. Aus der Geschichte lernt man nicht nur, welche Konzepte gescheitert sind, sondern auch, welche Ideen zum Wohle der Allgemeinheit aufgegriffen und verbessert werden können.

Bereit zum Pauken?

Die nächste Klausur steht an und das nächste Abitur kommt bestimmt? Mit unseren Lernmaterialien kannst du sofort starten und für dein Thema lernen. Zeig’s deinen LehrerInnen! 

Alle Lernmaterialien zum Mega-Sparpreis

In unserem Lernshop bieten wir alle Lernmaterialien zu allen Themen auch in unserem Mega-Sparbundle an. 

Fabio Schwabe

Der Autor

Fabio Schwabe, Lehrer für die Fächer Geschichte, Latein und Sowi, ist das Gesicht hinter Geschichte kompakt. Mit seinen zahlreichen Artikeln hilft er jedes Jahr Schülern dabei, sich optimal auf das Abitur vorzubereiten.

Warenkorb
Dein Warenkorb ist leer.

Es sieht so aus, als hättest du keine Auswahl getroffen